GENESIS | Markus Lüpertz
365-Tage-Galerie
KONGRESSZENTRUM – Richtung Ettlinger Tor
DIE BRUSTWEHR
Schweben oder gehalten – das Schicksal des Talos.
Fotografie: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Schweben oder gehalten – das Schicksal des Talos.
Fotografie: Atelier Altenkirch, Karlsruhe
Die Keramikreliefs an der Haltestelle Kongresszentrum erstaunen durch ihre Farbigkeit: Kurz vor dem südlichen Auftauchen aus dem U-Bahn-Tunnel sind beide Bilder als Hinweis auf die Umgebung Karlsruhes zu verstehen und als Hommage von Markus Lüpertz an die Zeller Keramik Manufaktur, in der der Künstler sein „Schwarzwaldatelier“ für die Dauer der Herstellung der Keramiken hatte. Zu sehen sind Schwarzwaldhöfe, die sich an grüne Hügel schmiegen, davor, angeschnitten, ein klarer Bach. Lüpertz verlegt zwei Geschichten aus der griechischen Mythologie kurzerhand in den Schwarzwald: Die eher unbekannte von Phrixos und Helle als Ausgangspunkt der Geschichte vom Goldenen Vlies (Westseite) und jene von Ikarus und Dädalus.
Ikarus – nackt, weiß, ohne Federkleid und völlig blutleer – dominiert die linke Bildhälfte. Am Handgelenk und unter der Schulter sind haltende Hände zu sehen. Sie gehören offensichtlich zu seinem Vater Dädalus, der ihn noch, aber vergebens, zu halten versucht. Damit ist letztlich die Flucht beider zumindest in Teilen gescheitert, weil Ikarus sie nicht überlebt. Dädalus hatte für König Minos auf Kreta das Labyrinth für den Minotaurus errichtet, einer Mischung aus Mensch und Stier, der sich von Menschen ernährte. Minos hielt Dädalus als Architekten des Labyrinths ebenfalls gefangen und überwachte das Meer, weshalb Dädalus für sich und seinen Sohn Ikarus Flügel aus Vogelfedern baute. Zusammengehalten wurden sie durch Wachs, das jedoch schmolz, als Ikarus – trotz Warnung seines Vaters – der Sonne zu nahekam. Der Rabe in der Mitte, auf den Ikarus in Lüpertz‘ Darstellung zeigt, kann entsprechend als Unglücksvogel gelesen werden.
Die Burg im Hintergrund ist Schloss Ortenberg, die Lüpertz bei seiner Anreise nach Zell am Harmersbach stets am Hang über der Kinzig vor Augen hatte. Der Brand der Türme mag an ihre Zerstörung während des 30jährigen Kriegs erinnern, der Titel „Die Brustwehr“ verweist auf die Schutzmauer, die Hauptbestandteil mittelalterlicher Befestigungsanlagen gewesen ist.
Text: © Chris Gerbing, 2023
WEITERE INFORMATIONEN
365-TAGE-GALERIE
Zur Orientierung finden Sie hier eine Übersicht über die 365-Tage-Galerie „Genesis“, die mit der Karlsruher U-Bahn an fast 24 Stunden täglich erreichbar ist.
Sie möchten tiefer in die „Genesis“-Thematik und die Kunstwerke von Markus Lüpertz eintauchen? Dann wenden Sie sich an die Tourist-Information Karlsruhe und buchen Sie über diesen Link eine Führung. Dort erhalten Sie auch das „Genesis“-Booklet mit Abbildungen aller 14 Keramiken sowie einer Tageskarte für zwei Personen (14,-/KVV-Zone 2) und die „Genesis“-Trilogie (Weitere Infos hier, 120,- Euro)
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